„Wasseraustreibungspolitik“ und mangelnder Klimaschutz werden zum Bumerang
„In den letzten 100 Jahren wurden insbesondere durch eine Politik der so genannten Wasseraustreibung Flüsse und Bäche begradigt, Talauen baulich eingeengt, Feuchtgebiete entwässert und Böden versiegelt oder immer weiter verdichtet. Diese Politik rächt sich jetzt“, erklärt Reinhard Scheuerlein, Vorsitzender des BUND Naturschutz (BN) in Fürth. „Was wir stattdessen brauchen ist eine Wasserspeicherung in der Fläche, also im Boden und in der gesamten Landschaft. Dies dient nicht nur der Grundwasserneubildung, sondern ist auch ein wirksamer Schutz gegen Hochwasser und ebenso gegen Dürre. Nicht zuletzt brauchen wir natürlich wirksame Klimaschutzmaßnahmen, um die weitere Zunahme von Extremwetterereignissen zu bremsen.“
Sabine Lindner von der BN-Kreisgruppe Fürth-Land betont: „Verschiedene Faktoren haben in den letzten Jahren zu einer gefährlichen Gemengelage geführt. Durch Flurbereinigung, Entwässerung von Böden und Begradigungen sowie Kanalisierung der vielen kleinen Gewässer zu „Wasser-Autobahnen“ wird Wasser kaum noch in der Fläche zurückgehalten. Starkregenereignisse zeigen diese Fehler immer öfter schonungslos auf. Auch die stark zunehmende Bodenversiegelung beschleunigt und erhöht den Wasserabfluss. Besonders fragwürdig in diesem Zusammenhang ist eine gerade begonnene Wohnbebauung in einem ausgewiesenen Hochwasser- und FFH-Gebiet in Langenzenn am Laubendorfer Weg, die nun prompt völlig überflutet war.
Wir bekommen zunehmend die Quittung für viel zu schwachen Klimaschutz und die Wasseraustreibungspolitik der vergangenen Jahrzehnte.“
Ein besonderes Problem sind auch zunehmend verdichtete Böden in der Landwirtschaft. Anstatt in den Boden zu versickern, fließt Wasser zu schnell ab – es kommt mitunter zu regelrechten Schlammlawinen. Vor allem von Maisflächen gehen hierbei Gefährdungen aus. „Kommt ein Wolkenbruch, wird der Boden der Maisanbauflächen einfach weggeschwemmt. Das sind die braun-gelben Fluten, die man in Fürth in der Rednitz derzeit sehen kann“, erklärt Reinhard Scheuerlein. „Gerade in Hanglagen führt jeder Starkregen zu massiven Abschwemmungen aus den Maisflächen, die bei Hochwasser einen klebrigen und schwer entfernbaren Schlamm auf Wegen, Straßen und in den Häusern bilden. Der Maisanbau hat sich von 1965 bis 2010 in Bayern verzehnfacht.
Um Hochwasserereignissen vorzubeugen fordert der BUND Naturschutz:
- Gerade in den Städten und in den Umlandgemeinden müssen mehr Flächen entsiegelt werden und dürfen nicht noch weitere versiegelt werden.
- Fließgewässer müssen durchgehend renaturiert werden. Wir brauchen mehr Überschwemmungsräume – Breitwasser statt Hochwasser.
- Waldflächen müssen als Wasserrückhaltegebiete erhalten und gestärkt werden.
- Die Stadt Fürth und die Städte und Gemeinden im Landkreis brauchen neue Strategien zum Umgang mit dem Regenwasser. Ziel muss es sein, Niederschlagswasser besser in der Fläche zurückzuhalten (Stichwort „Schwammstadt“). Dabei sind natürliche Lösungen häufig besser als technische Bauwerke.
- Drainagen und Ausleitung des Wassers aus der Fläche sind zu stoppen und rückgängig zu machen.
- Die Landwirtschaft muss wieder schonender mit dem Boden arbeiten und den Humusanteil und das Bodenleben erhöhen. Schwere Maschinen, Kunstdünger und Spritzmittel haben zu verstärkter Boden-verdichtung geführt. Das Porenvolumen im Boden ist stark zurückgegangen mit der Konsequenz, dass schon stärkere Niederschläge oberflächig abfließen und die Gewässer mit dem Bodeneintrag belasten. Wo der Maisanbau zu Schäden führt, ist die Bewirtschaftung anzupassen.
Positiv sieht der BN zum Beispiel die teilweise durchgeführten Renaturierungen am Farrnbach im Fürther Stadtgebiet und die weitgehende Erhaltung der Fürther Talauen als Überschwemmungsraum durch den Verzicht auf ihre weitere Bebauung.